Stellungnahme der Power to X Allianz zum Entwurf eines Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor

28. März 2022 Stellungnahmen

Die Bundesregierung plant, die deutsche Stromversorgung deutlich schneller auf erneuerbare Energien umzustellen und im Jahr 2030 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen zu decken. Dazu hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 04.03.2022 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor vorgestellt. Die Power to X Allianz begrüßt die ambitionierte Zielsetzung der Bundesregierung zum Ausbau der Erneuerbaren und die Möglichkeit, den Referentenentwurf zu kommentieren.

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Als branchenübergreifendes Bündnis aus Unternehmen und Verbänden setzt sich die PtX Allianz für einen schnellen Hochlauf von Power to X Technologien ein. Diese umfassen unter anderem die Umwandlung von erneuerbarem Strom in grüne Gase wie Wasserstoff, Methan oder Propan/Butan (Power to Gas), in flüssige Energieträger wie Kraft- und Brennstoffe (Power to Liquids) für eine nachhaltige Mobilität und den Einsatz in Gebäuden oder zur Synthese von chemischen Grundstoffen für die Industrie (Power to Chemicals).

Die Grundvoraussetzungen dafür sind die umfassende Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom und die Möglichkeit, diesen in den verschiedenen Verbrauchssektoren nutzen zu können (Sektorkopplung). Die PtX Allianz begrüßt daher ausdrücklich die Weiterentwicklung der Ausschreibungsmengen für Strom aus erneuerbaren Quellen sowie den Abbau von Hindernissen für deren Ausbau.

Zur Verstetigung und Speicherung von erneuerbarer Erzeugung sieht der Gesetzesentwurf ein zusätzliches Ausschreibungssegment für innovative Konzepte wie Anlagenkombinationen aus erneuerbaren Energien mit lokaler wasserstoffbasierter Stromspeicherung vor (EEG 2023 §28d). Die entsprechenden Bestimmungen im Gesetzesentwurf sowie die in einer Verordnungsermächtigung avisierten Rahmenbedingungen (EEG 2023 §39o) gehen zwar in die richtige Richtung, treffen aber aus Sicht der PtX Allianz nicht den Kerngedanken der Sektorkopplung. Die PtX Allianz empfiehlt daher, die folgenden Punkte zu berücksichtigen:

Zum Ausschreibungssegment für innovative Konzepte wie Anlagenkombinationen aus erneuerbaren Energien mit lokaler wasserstoffbasierter Stromspeicherung (§39o & §28d EEG)

  1. Die Begrenzung der Ausschreibung auf die Speicherung und Rückverstromung erneuerbarer Energie verschenkt Innovationspotenzial

Während die PtX Allianz die Ausschreibung von gekoppelten Anlagen aus erneuerbarer Stromerzeugung und direkter Umwandlung in Wasserstoff ausdrücklich begrüßt, ist die Begrenzung der Ausschreibung auf die Rückverstromung aus Sicht der PtX Allianz ein Irrweg. Durch die Beschränkung „innovativer Konzepte“ allein auf die direkte Rückverstromung wird die Speicherung und Nutzung von Wasserstoff und wasserstoffbasierten Flüssigkeiten und Gasen in Industrie, Wärme oder Verkehr und über Infrastrukturen hinweg verhindert. Dadurch wird aus Sicht der PtX Allianz erhebliches Innovationspotenzial verschenkt.

Zudem wird durch die Begrenzung auf die Rückverstromung ausschließlich vor Ort produzierten Stroms jegliches Interesse unterbunden, Elektrolyseure effizient in das Energiesystem einzubinden. Die Produktion des Wasserstoffs findet nach diesem Vorschlag einzig dort statt, wo der erneuerbare Strom erzeugt werden kann und nicht dort, wo der Wasserstoff und seine Derivate benötigt werden bzw. wo diese kostengünstig in das deutsche Energiesystem eingebunden werden können. Dies führt zu höheren Förderungskosten und bremst die netzdienliche Erzeugung von Wasserstoff aus überschüssigem Strom aus dem Gesamtsystem aus. Dagegen könnte über einen bilanziellen Nachweis über die Verwendung des erzeugten Wasserstoffs an anderer Stelle die Erzeugung möglichst gut ins Gesamtsystem integriert werden.

  1. Der Ausschluss der Nutzung eines Wasserstoffnetzes verhindert die optimale Standortfindung

Im Referentenentwurf ist vorgesehen, dass der verwendete Wasserstoff aus einem örtlichen Speicher stammen muss und nicht über ein Netz bezogen werden darf. Damit wird das Potenzial verschenkt, die Errichtung dieser Anlagen an Stellen im Netz anzureizen, an denen Strom- und Gas- und perspektivisch Wasserstoffnetz strategisch günstig gekoppelt werden können. Eine Speicherung von Wasserstoff könnte bei einer Standortoptimierung, die nicht nur an der EE-Anlage orientiert ist, so auch über Untertage-Gasspeicher erfolgen, die an die Versorgungsnetze auf Transport- und Verteilnetzebene angeschlossen sind.

Zwar ist in der Gesetzesbegründung angemerkt, dass diese Anlagen später in der Wasserstoffnetzentwicklungsplanung berücksichtigt werden sollen und die Förderung mit der Entwicklung des Wasserstoffnetzes angepasst werden soll. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, warum der Aspekt der strategisch günstigen Platzierung dieser Speicher mit einer Einspeicherung in ein Netz und der Bezug von Wasserstoff aus dem Netz für die Rückverstromung (auch z. B. bilanziell) erst einmal ausgeschlossen wird.

  1. Die Ausschreibungen sollten mit den weiteren Anforderungen an grünen Wasserstoff abgestimmt sein.

Derzeit erarbeitet die Europäische Kommission einen Delegierten Rechtsakt auf Grundlage der Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Hierbei ist zu erwarten, dass erneuerbare Anlagen, die eine Förderung erhalten haben, nicht zur Herstellung von grünem Wasserstoff qualifiziert werden. Dies hätte zur Folge, dass die mittels der avisierten Sonderausschreibung gespeicherte und rückverstromte Energie ihre erneuerbare Eigenschaft im Sinne des Delegierten Rechtsaktes verliert. Damit würde erneuerbare Energie bilanziell entwertet.

  1. Weitergehende Empfehlungen

Die Potenziale der Sektorkopplung ließen sich umfassender nutzen, wenn zusätzliche Anreize zur Nutzung von Überschüssen erneuerbarer Energien geschaffen würden. Dazu sollte es aber im Rahmen des Ausschreibungsmodells möglich sein, beispielsweise in Zeiten von hinreichend günstigen (insbesondere negativen) Strompreisen Strom aus dem Netz zur Produktion von grünem Wasserstoff zu beziehen. Dies würde die Stabilität des Stromnetzes und des Gesamtsystems erhöhen. Die Anreize sollten so ausgestaltet sein, dass bei Netzengpässen die Stromspeicherung Vorrang vor der Abschaltung der Anlagen hat.

Um den Hochlauf von Power to X Technologien kosteneffizient und schnell zu gestalten, hat die PtX Allianz mit umfangreicher gutachterlicher Unterstützung ein Markteinführungsprogramm erarbeitet. Dieses ist unser Vorschlag für ein koordiniertes und effizientes Maßnahmenbündel, bei dem der Markt und die Finanzkraft privater Investoren die entscheidenden Treiber sind und durch eine staatliche Unterstützung von Investitionsausgaben und Betriebskosten lediglich ergänzt werden.

Zur Ausrichtung neuer Biomethan- und KWK-Anlagen auf Wasserstoff (H2-Readiness)

  1. Zur Erhöhung der Planungssicherheit muss der Prozentsatz für die Umrüstung von Biomethan- und KWK-Anlagen auf Wasserstoff realistischer ausgelegt werden.

Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass neue Biomethan- und KWK-Anlagen gemäß §39k EEG2023 Absatz 1 sowie §6 Absatz 1 Nummer 6 KWKG 2023 wasserstoffready sein müssen. Dazu sieht der Referentenentwurf vor, dass Betreiber von Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 10 MW, die nach dem 30. Juni 2023 genehmigt worden sind, bei ihren Geboten den Nachweis beifügen müssen, dass die Anlagen ab dem 1. Januar 2028 mit höchstens 10 Prozent der Kosten, die eine mögliche Neuerrichtung einer Anlage mit gleicher Leistung nach dem aktuellen Stand der Technik betragen würde, so umgestellt werden können, dass sie ihren Strom ausschließlich auf Basis von Wasserstoff gewinnen können.

Hierbei besteht jedoch ein Genehmigungsproblem, da sich dieser Nachweis in Unkenntnis der zukünftigen immissionsschutzrechtlichen Vorgaben praktisch nicht verbindlich erbringen lässt. Aus Sicht der PtX Allianz würde diese Unklarheit zu Attentismus und verringerter Investitionsbereitschaft führen. Die Vorgaben sollten daher iterativ und im engen Austausch mit den Marktakteuren an die Realität angepasst werden.

Die PtX Allianz steht dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bei der weiteren Ausgestaltung des Rechtsrahmens sowie insbesondere bei der Erarbeitung der Verordnung für wasserstoffbasierte Speicherung gerne mit ihrer Expertise zur Seite.