Stellungnahme der PtX Allianz zum Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat zum Gebäudeenergiegesetz (GEG)

28. Juni 2019 Stellungnahmen

Die PtX Allianz begrüßt, dass mit dem Gebäudeenergiegesetz das Energieeinsparungsgesetz, die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz in einem Gesetz zusammengeführt werden. Damit kann das Nebeneinander der verschiedenen Regelwerke beendet und somit eine Harmonisierung der Energieeffizienzvorgaben im Gebäudesektor vollzogen werden. Die PtX Allianz begrüßt ebenfalls das ausdrückliche Ziel, die im Klimaschutzplan verankerten Treibhausgasminderungen auch im Gebäudesektor aktiv voranzubringen und so zu einem Erreichen der Klimaschutzziele beizutragen. Wir begrüßen es, dass Verbänden und Institutionen die Gelegenheit gegeben wurde, zu dem Referentenentwurf des GEG Stellung zu nehmen, und nehmen diese gerne wahr.

Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 29. Mai 2019

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Die Power to X Allianz ist eine Kooperation von Unternehmen und Verbänden, die Power to Gas, Power to Liquid- oder Power to Chemicals-Anlagen herstellen oder Power to X-Produkte wie z.B. grünen Wasserstoff, synthetisches Methan und synthetische flüssige Kraft- und Brennstoffe nutzen wollen bzw. an der Nutzung und dem Ausbau von Energiespeichern, Energienetzen und Anlagen für diese Produkte aus erneuerbarem Strom interessiert sind.

Wir begrüßen es, dass das GEG auf den Weg gebracht wurde und dass Verbände und Institutionen die Gelegenheit haben, Stellung zu nehmen.

Die Positionen der PtX Allianz im Überblick:

•             Die PtX Allianz begrüßt, dass mit dem Gebäudeenergiegesetz das Energieeinsparungsgesetz, die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz in einem Gesetz zusammengeführt werden. Damit kann das Nebeneinander der verschiedenen Regelwerke beendet und somit eine Harmonisierung der Energieeffizienzvorgaben im Gebäudesektor vollzogen werden.

•             Die PtX Allianz begrüßt ebenfalls das ausdrückliche Ziel, die im Klimaschutzplan verankerten Treibhausgasminderungen auch im Gebäudesektor aktiv voranzubringen und so zu einem Erreichen der Klimaschutzziele beizutragen. Mit einem Anteil von 30 Prozent, die Gebäude an den gesamten CO2-Emissionen in Deutschland verursachen[1], kommt insbesondere der zunehmend klimaneutralen Ausgestaltung von Heizungs- und Kühlungssystemen eine bedeutende Rolle zu.

•             Das weitaus größte Potenzial für eine zügige und umfassende Reduktion der THG-Emissionen im Gebäudesektor würde allerdings durch eine technologieoffene steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung und -modernisierung freigesetzt werden. Die Einführung einer solchen fiskalpolitischen Maßnahme würde das Sanierungstempo des Gebäudebestands erheblich beschleunigen und auch dauerhaft zu erheblichen Investitionen in klimaschonende und klimaneutrale Technologien und Produkte führen. Davon würden Unternehmen und ihre Beschäftigten in Deutschland und vor allem der Klimaschutz entscheidend profitieren. Zudem bietet die Einführung einer steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung die Möglichkeit einer sozialverträglichen Reduktion der THG-Emissionen im Gebäudebestand, die zusätzliche Belastungen insbesondere für Mieter und die Eigentümer selbstgenutzter Immobilien verhindert.

•             Daher sieht die PtX Allianz die Einführung der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung als zentrale Maßnahme des Klimaschutzes im Gebäudesektor an. Die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag sollten diese Maßnahme schnellstmöglich umsetzen.

Anreize setzen für die Integration grüner Gase und grüner Liquids aus erneuerbaren Energien

•             Um die CO2-Emissionen im Gebäudesektor zügig, kontinuierlich, effizient und sozialverträglich zu reduzieren, ist es zwingend erforderlich, auch Anreize für die Integration sogenannter grüner Gase und grüner Liquids, die aus erneuerbaren Energien erzeugt wurden, in die bestehenden Infrastrukturen zu setzen. Grüne Gase und Liquids sind gasförmige oder flüssige Brenn- oder Heizstoffe, die mittels Power to X-Verfahren aus erneuerbarem Strom gewonnen werden.

•             Im Referentenentwurf des GEG sind solche Anreizmechanismen bisher nicht vorgesehen. Zwar findet eine stärkere Berücksichtigung von gebäudefern erzeugtem Biomethan zur Erfüllung der energetischen Anforderungen bei Neubauten Eingang in den Entwurf, jedoch werden grüne Gase, grünes Propan/ Butan und Liquids zur Beheizung und Kühlung von Gebäuden bislang nicht erwähnt. Wasserstoff, synthetisches Methan und erneuerbare flüssige Energieträger sind nahezu klimaneutral und eignen sich daher in Kombination mit Effizienzsteigerungen und der direkten Einbindung bzw. Nutzung erneuerbarer Energien besonders gut für eine schnelle und umfassende Wärmewende. Hinzu kommt, dass sich Wasserstoff und synthetisches Methan in die gut ausgebauten Erdgas- oder Wärmenetze einspeisen und in den Gasnetzstrukturen speichern lassen. Erneuerbare flüssige Energieträger einschließlich Flüssiggas können ebenfalls über die bestehende Infrastruktur für flüssige Brennstoffe gelagert und transportiert werden. Das verdeutlicht die große Hebelwirkung dieser Brennstoffe. Durch ihren Einsatz sinken CO2-Emissionen kosteneffizient und effektiv und ermöglichen damit das Erreichen der Klimaschutzziele. Im Gebäudebestand bzw. im Geschosswohnungsbau in verdichteten Räumen bietet die Nutzung von grünen Gasen eine kosteneffiziente Option zur effektiven Senkung der CO2-Emissionen, im ländlichen Raum sind grüne flüssige Brennstoffe eine kosteneffiziente Alternative. Da die ambitionierten Klimaschutzziele nur unter Einbeziehung des Gebäudebestands erreicht werden können, sind diese Optionen von besonderer Bedeutung.

•             Im Sinne einer integrierten und technologieoffenen Wärmewende setzt sich die Power to X Allianz für die Einbeziehung des Einsatzes grüner Gase und Liquids bei der Bewertung der Energiebilanz von Neubauten und Bestandgebäuden ein. Dafür sehen wir zum einen eine Aufnahme von Power to X-Energieträgern, beispielsweise von grünen Gasen und grünen flüssigen Energieträgern, in die Definition der erneuerbaren Energien im GEG, zum anderen eine Zuordnung eines Primärenergiefaktors für diese Brennstoffe als erforderlich an. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass die Anforderungen an den Neubau, den Wärme- bzw. Kälteenergiebedarf zumindest anteilig durch erneuerbare Energien zu decken, auch durch die Nutzung von grünen Gasen und Liquids erfüllt werden können.

•             Der Begriff der erneuerbaren Energien ist im vorliegenden Referentenentwurf in § 3 Absatz 2 eingeschränkt auf bestimmte Technologien wie z.B. Geothermie oder durch gebäudeintegrierte Windkraftanlagen zur Wärme- oder Kälteerzeugung nutzbar gemachte Energie sowie auf Biomasse. Da zur Einhaltung der Klimaschutzziele bis 2050 aber zusätzlich zu den aufgeführten auch die Nutzung neuer Technologien und Energieträger notwendig ist, sollte die Definition der erneuerbaren Energien um Power to X-Produkte wie grüner Wasserstoff und grünes Methan sowie grünes Propan/Butan erweitert werden. Das GEG würde damit die erforderlichen Innovationsfreiräume ermöglichen und inzentivieren.

Unser Vorschlag: Zuschreibung eines Primärenergiefaktors von 0,1 für innovative PtX-Produkte

•             Sowohl für die Nutzung von Gasen und Liquids aus erneuerbarem Strom direkt vor Ort als auch bei einem Transport von grünen Gasen durch die Gasnetzinfrastrukturen schlagen wir vor, dass ein Primärenergiefaktor von 0,1 für die Nutzung dieser Brennstoffe in Gebäuden Anwendung findet. Die Primärenergiefaktoren sind bedeutsam für die Errechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs und somit auch für die einzuhaltenden energetischen Standards. Zunächst ist es daher zentral, dass in der Anlage 4 zu § 22 Absatz 1 GEG auch grünen Gasen und Liquids ein Primärenergiefaktor zugewiesen wird, um die Nutzung dieser innovativen Klimaschutztechnologien zu inzentivieren. Die Zuschreibung eines Primärenergiefaktors von 0,1 begründet sich darin, dass grüne Gase und Liquids unter der Voraussetzung einer nachweislich ausschließlichen Nutzung von erneuerbaren Energien bei deren Herstellung weitestgehende Klimaneutralität aufweisen. Somit handelt es sich um Schüsseltechnologien zur effizienten Emissionsminderung im Gebäudesektor – ein Primärenergiefaktor von 0,1 (nicht erneuerbarer Anteil) ist daher gerechtfertigt.

•             Die Anforderungen an die Errichtung von Gebäuden gem. § 10 Abs. 2 (3) sehen vor, dass der Wärme- und Kälteenergiebedarf zumindest anteilig durch die Nutzung erneuerbarer Energien gedeckt wird. Die Power to X Allianz begrüßt diese aus dem vorherigen EWärmeG übernommene Anforderung. Die in §§ 34 bis 45 präzisierten Nutzungsformen von erneuerbaren Energien, die zur Erfüllung dieser Anforderung anerkannt werden, sollten jedoch im Sinne eines technologieoffenen Ansatzes um Power to X-Produkte wie grüner Wasserstoff, grünes Methan, grünes Propan/Butan sowie synthetische flüssige Brennstoffe ergänzt werden.

Bilanzielle Anrechenbarkeit von grünen Gasen und grünem Heizöl als wichtiges Instrument für akzeptanzfördernde Umsetzung der Wärmewende

•             Eine bilanzielle Anrechenbarkeit erneuerbarer Energien ist im Stromsektor jahrelang erprobt und hat sich als wirksames Instrument, Verbraucher in die kosteneffiziente und akzeptanzfördernde Umsetzung der Energiewende einzubeziehen, bewährt. Damit die Nutzung von grünen Gasen auch beim Transport mittels der Gasnetzinfrastrukturen auf die Energiebilanz eines Hauses angerechnet werden kann, sprechen wir uns daher dafür aus, dass analog zum Strom aus erneuerbaren Energien auch die Verwendung des grünen Gases durch die Verbraucher bilanziell angerechnet werden kann. So wird sichergestellt, dass die verbrauchte Menge des Energieträgers tatsächlich in das Gasnetz eingespeist wird und somit ein Anreiz für die graduelle Erhöhung des Anteils grüner Gase in den Gasinfrastrukturen geschaffen. Zudem werden Verbraucher für die Klimabilanz ihres Wohn- oder Geschäftshauses sensibilisiert und erhalten eine Möglichkeit, selbst und aktiv kostengünstig die Wärmewende voranzutreiben. Analog dazu sollte auch die Nutzung von grünem Heizöl aus Power to X bilanziell angerechnet werden können. Derartige Massenbilanzsysteme werden von der Mineralölbranche im Kraftstoffbereich bereits erfolgreich angewendet.

•             Wir rufen die Bundesregierung dazu auf, sich für einen technologieoffenen Ansatz im Rahmen der THG-Reduktion im Gebäudesektor einzusetzen und grüne Gase und Liquids im GEG unter Berücksichtigung der genannten Punkte zu integrieren.

Möglichkeit zur CO2-Bilanzierung über Innovationsklausel angepasst wieder aufnehmen

•             Eine im November 2018 noch vorgesehene Innovationsklausel (§ 102) findet im aktuellen Referentenentwurf nur noch sehr eingeschränkt Berücksichtigung. Wir begrüßen den generellen Einsatz einer Innovationsklausel und auch die gemeinsamen Erfüllungsoptionen für Quartiere. Mit der gestrichenen Möglichkeit zur CO2-Bilanzierung entfällt jedoch die Chance, das Anforderungsniveau zu flexibilisieren und die CO2-Emissionen stärker zu berücksichtigen. Die vorgenommene Streichung ist daher nicht förderlich für weitere Klimaschutzanstrengungen und entsprechende technologische Innovationen im Gebäudesektor. Es ist daher wichtig, die Innovationsklausel mit der Möglichkeit zur CO2-Bilanzierung (wie im Entwurf des GEG vom 22.11.2018 vorgesehen) wieder aufzunehmen. Allerdings sollte über eine Berücksichtigung auf Grundlage des Transmissionswärmeverlustes anstelle des Endenergiebedarfs als weiterer Anforderungsgröße entschieden werden. Konkret schlagen wir vor, dass auf Antrag die Möglichkeit besteht, die Anforderungen des GEG über ein auf die Begrenzung der Treibhausgasemissionen ausgerichtetes System nachzuweisen, dabei jedoch im Neubau ein 0,75-facher Transmissionswärmeverlust im Vergleich zum Referenzgebäude nicht überschritten werden darf. Es macht Sinn, die Effizienzanforderung an dem Transmissionswärmeverlust anstelle des Endenergiebedarfs auszurichten, da verschiedene klimaneutrale Technologien wie beispielsweise Wärmepumpen und PtX-Brennwertgeräte diese gleichermaßen erfüllen können und dadurch keine Benachteiligung einer bestimmten Technologie entsteht.

Allgemeine Bemerkungen

Wie oben dargelegt verfolgt die Bundesregierung mit dem GEG das Ziel, das Erreichen der Klimaschutzziele im Gebäudesektor voranzutreiben, indem Effizienzvorgaben sowie Anforderungen an die Nutzung CO2-reduzierter und klimaneutraler Technologien und Energieträger spezifiziert werden. Die Power to X Allianz bekennt sich ausdrücklich zu den im Pariser Klimaabkommen verbindlich festgelegten Klimaschutzzielen und begrüßt daher diese Zielsetzung des Referentenentwurfs zum GEG.
Aus unserer Sicht kann nur ein technologieoffener Ansatz eine effiziente und sozialverträgliche Wärme- und Energiewende gewährleisten. In diesem Rahmen gilt es auch zu beachten, dass insbesondere im Bereich der Gebäudeheizung und -kühlung durch die erheblichen Unterschiede der Rahmenbedingungen und Infrastrukturen jeweils verschiedene Technologien Vorteile mit sich bringen und daher Anwendung finden sollten. Dies gilt sowohl in Betrachtung der unterschiedlichen Begebenheiten im urbanen und ländlichen Raum als auch im Gebäudebestand und im Neubau sowie im Geschosswohnungsbau oder dem Bau von Einfamilienhäusern.
In städtischen Ballungsräumen mit einer hohen Dichte an Mietwohnungen ebenso wie in ländlichen Gebieten, in denen bestimmte Technologien nicht oder nur bedingt zur Verfügung stehen, sind Maßnahmen, die die Anforderungen an Energieeffizienz und Klimaschutz bei Nutzung der bestehenden Infrastruktur erfüllen, besonders geeignet, effizient und akzeptanzfördernd. Denn in diesen Räumen wären alternative Maßnahmen zur Umsetzung der Anforderungen des GEG, welche die Schaffung von neuen Infrastrukturen erforderlich machen, mit einem hohen Kostenaufwand gerade für Vermieter und Mieter verbunden.
Synthetische Brennstoffe aus Power to X können vor diesem Hintergrund eine bedeutsame Rolle spielen, da sie herkömmlichen fossilen Brennstoffen problemlos in sukzessive zu erhöhenden Mengen beigemischt werden können. Somit können zu ihrer Nutzung bestehende Infrastrukturen, wie beispielweise die Erdgasnetze oder die Infrastrukturen für flüssige Energieträger weiter zum Einsatz kommen. Zudem haben grüne Gase und Liquids die gleichen Vorteile wie herkömmliche Brennstoffe: Sie haben eine hohe Energiedichte, sind gut speicherbar und leicht transportierbar. Auch deshalb ist eine hohe Akzeptanz bei Verbrauchern zu erwarten.
Um THG-Emissionen im Gebäudesektor schnell und effizient zu reduzieren, ist eine Anerkennung von grünen Gasen und Liquids erforderlich. Eine Anrechenbarkeit dieser Brennstoffe würde einen Markthochlauf von Power to X Technologien induzieren, der über die Möglichkeit einer bilanziellen Anrechenbarkeit durch eine kundenseitige Nachfrage getragen würde. Damit wäre eine Technologieoffenheit gewährleistet, die Innovationen bei allen klimaneutralen Heizungs- und Kühlungstechnologien erlaubt.


[1] siehe Umweltbundesamt (2016): Energiesparende Gebäude. Abgerufen am 25.06.2019 unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/energiesparen/energiesparende-gebaeude#textpart-1