Derzeit steht die Bundesregierung vor der Herausforderung, die Wärmeversorgung auf Klimaschutzkurs zu bringen. Der Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte macht derzeit gut die Hälfte des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs aus. Allein die Raumwärme hat in den verschiedenen Sektoren einen Anteil von 28 Prozent des Energieverbrauchs. Der Handlungsdruck wird umso deutlicher, wenn man sich den hohen Treibhausgasausstoß der Gebäudeenergie mit 112 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten im Jahr 2022 vor Augen führt. Die Bundesregierung bringt deshalb eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes voran, in der sichergestellt werden soll, dass möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird.
Die Gebäudeenergie ist dabei keineswegs als isolierter Sektor zu betrachten, sondern steht in hoher Wechselwirkung mit der Energieversorgung der Industrie sowie den Sektoren Gewerbe, Handel und Dienstleistungen. Diese beziehen ihre Energie vor allem über die Gasverteilnetze, deren Transformation zur Klimaneutralität auch Wohngebäuden zugutekommt. Zum anderen sind Haushalte, die klimaneutrale Wärme durch ein Fernwärmenetz erhalten, auch von erneuerbarer industrieller Wärme abhängig, die in vielen Fällen auf Wasserstoff oder auch der Abwärme von Elektrolyseuren aufbauen wird.
Die dringend benötigten Treibhausgaseinsparungen in der Wärme, der enorme Energieverbrauch sowie die hohe Heterogenität des Gebäudesektors machen es erforderlich, alle zur Verfügung stehenden Klimaschutztechnologien bestmöglich zu nutzen und den Ausbau der erneuerbaren Energien schnellstmöglich voranzutreiben. Für grünen Wasserstoff und darauf aufbauende Power to X-Produkte sind folgende Punkte entscheidend:
1. Transformation der Infrastruktur
Analog zum Ausbau von Strom- und Wärmenetzen muss die Transformation der Gasverteilnetze entschlossen angegangen werden. Diese sollte durch das Vorlegen von Gasnetzgebietstransformationsplänen (GTP) adressiert werden. Der GTP soll die technische Ertüchtigung der lokalen Umstellzone für die Durchleitung von 100 % Wasserstoff bis spätestens zum 1. Januar 2040 oder alternativ ein belastbares Konzept für die langfristige perspektivische Vollversorgung mit Biomethan (ggf. mit Wasserstoffzumischung) oder mit aus Wasserstoff hergestellten Derivaten detaillieren. Dies bedingt gleichzeitig eine massive Beschleunigung der Produktion und des Imports von PtX-Produkten.
2. Klarstellungen zur bilanziellen Anrechnung synthetischer Brennstoffe auf Basis von grünem Wasserstoff
Sowohl mit Blick auf erneuerbare Gase als auch auf erneuerbare Brennstoffe auf Basis von grünem Wasserstoff sind Klarstellungen mit Blick auf die bilanzielle Anrechenbarkeit im Text erforderlich. Wie beim Bezug von erneuerbarem Strom oder Biomethan finden Einspeisung und Entnahme erneuerbarer Gase auf Basis von Wasserstoff physisch zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten statt. In § 71 k Abs. 1 Nummer 2 sollte daher deutlicher klargestellt werden, dass ein bilanzieller Energiebezug erneuerbarer Energieträger durch den Anschlussnehmer möglich ist. Auch bei der Nutzung von flüssigen synthetischen Brennstoffen auf Basis von grünem Wasserstoff in Beimischung mit biogenbasierten erneuerbaren und konventionellen Brennstoffen ist eine bilanzielle Anrechnung in § 71 Abs. 3 Nummer 5 zu ermöglichen. Die Möglichkeiten zur bilanziellen Anrechenbarkeit für erneuerbare Brennstoffe ermöglicht dem Handel mehr Flexibilität bei gleichbleibendem Klimaschutzeffekt und ist somit ein wichtiger Hebel, um die Kosten zu senken.
3. Schnell wirksame Anreize für die Produktion von grünem Wasserstoff und PtX
Für den Umbau der Wirtschaft zur Klimaneutralität werden über alle Sektoren hinweg enorme Mengen an grünem Wasserstoff und Derivaten benötigt. Daher ist es dringend erforderlich, den Hochlauf der dazu benötigten Produktionskapazitäten anzureizen. Der Aufbau von Elektrolysekapazitäten in Deutschland und der EU sollte mit oberster Priorität und ohne weitere Verzögerungen vorangetrieben werden. Dafür braucht es weitere verlässliche Markthochlaufinstrumente. Die heimische Produktion von grünem Wasserstoff und Derivaten muss zudem durch Importe von Power to X-Produkten ergänzt werden. Hierfür braucht es dringend eine Importstrategie und weitere Maßnahmen, um Investitionen in Drittländern abzusichern.